Perspektivwechsel

Eine kritische Auseinandersetzung mit der Medizin

Die medizinische Versorgung, Forschung und Lehre ist heute immer noch stark am weißen, jungen, heterosexuellen Mann ohne Be:hinderung* orientiert. So können Menschen, die nicht dieser Norm entsprechen, andere körperliche Symptome oder auch eine veränderte Wirkung von Medikamenten aufweisen. Mit unserer Vortragsreihe wollen wir diese Norm hinterfragen und einige Perspektiven abseits davon hör- und sichtbar machen. Dafür soll es einen Raum geben bisherige Missstände in der medizinischen Versorgung und Forschung aufzuzeigen. Gemeinsam wollen wir Ideen und Konzepte erdenken hin zu einer  Medizin, die situationsabhängig individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und an anderer Stelle keine Unterschiede in der Behandlung macht, wo keine sind. 
Wir erhoffen uns davon ausgehend eine kritische Selbstreflexion normativen Denkens und Handelns anzuregen, sowie eine Sensibilisierung für unterschiedliche Lebensformen (im medizinischen Kontext) zu bewirken. Uns ist bewusst, dass diese Veranstaltung nur ein Anfang ist und einen Bruchteil der Erfahrungen, Diskriminierungen und Missständen abbildet. Damit möchten wir einen Anstoß geben, Allianzen im privaten und politischen zu bilden, die sich über die Veranstaltung hinaus mit den Themen beschäftigen und so schrittweise eine Entwicklung zu einer inklusiveren und bedarfsgerechteren Gesundheitsversorgung zu begleiten.
* Menschen mit Be:hinderungen sind Menschen, die körperliche, psychische, geistige (kognitive) oder Sinnesbeeinträchtigungen haben.

Veranstaltungen im Überblick

Katharina Klappheck

Politikwissenschaftler:in, Uni Wien

Katharina Klappheck verortet sich selbst als genderqueer, weiß und Be:hindert

 

						

Datum:  03.12.2020
Uhrzeit: 18:00

„Keine Angst das verwächst sich noch!“ Be:hinderung und Medizin eine kritische Bestandsaufnahme

Be:hinderung und Medizin stehen in einem, um es höflich auszudrücken schwierigen Verhältnis. In diesem Vortrag soll diese Beziehung angeschaut und diskutiert werden und ich, Katharina Klappheck, lade herzlichst zu einer digitalen Diskursreise ein. Dieser Talk startet bei den Crips* der 70iger, die sich für ein selbstbestimmtes Leben eingesetzt haben und der Frage: Warum es Be:hinderung heißt und nicht Beeinträchtigung. Weiter geht es mit einer notwendigen aber auch schmerzhaften Auseinandersetzung mit Be:hinderung als medizinischer Fakt und der These das Be:hinderte Menschen keine schwebenden Autos wollen, sondern einen Ultraschall. Wir schließen dann mit Gen modifizierten Mäusen und einer Betrachtungsweise von Be:hinderung, als widerständige und lustvolle Praxis, ab.
Bitte macht es euch während des gesamten Vortrages so bequem wie möglich, macht Pausen wenn ihr sie braucht und fragt schwierige Worte nach.

* Crips ist eine Selbstbezeichnung für Menschen mit Be:hinderung. Sie stammt aus den USA.

Dr'in Amma Yeboah

Psychodynamische Supervisorin, Fachärztin für  Psychiatrie & Psychotherapie, Trainerin für Empowerment & Critical  Whiteness

Datum:   07.12.2020
Uhrzeit: 18:00
 

Rassistische Diskriminierung und die (psychische) Gesundheit – Eine Frage der Gesundheitskompetenz 

Rassismus beinhaltet strukturelle, kulturelle, interpersonelle und individuelle Aspekte, die sich historisch und kontextuell verändern. Rassistisches Handeln, sowie rassistische Diskriminierungserfahrungen im Alltag haben erhebliche negative Konsequenzen für den Gesundheitszustand und bestimmen gesundheitliche Ungleichheiten in der Bevölkerung.
Wie können wir die Realität und Bedeutung von Rassismus erfassen und unsere Problemlösungskompetenz steigern, und gleichzeitig die Verschränkungen zwischen Rassismus und anderen Diskriminierungsformen überwinden?

Dr. Lieselotte Mahler

Chefärztin der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie I in den Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk (TWW), Berlin

Datum:   17.12.2020
Uhrzeit: 19:00
 

In Kooperation mit

Das Weddinger Modell – Individualisierung von Krankheits- und Genesungskonzepten (auch) in der psychiatrischen Akut-Behandlung
Das Weddinger Modell ist ein aus der stationären Praxis heraus entwickeltes Recovery-orientiertes Behandlungsmodell, das im Rahmen eines komplexen „Change-Projektes” 2010 in der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus implementiert wurde. Alle stationären Strukturen wurden hinsichtlich konsequenter Transparenz, Partizipation, Trialog und Multiprofessionalität verändert und ein Fokus auf die psychotherapeutische Haltung und die Öffnung akutpsychiatrischer Stationen gelegt. Mittlerweile hat das Weddinger Modell als ein Konzept moderner und personenzentrierter Psychiatrie weitreichende Bedeutung im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus gewonnen. Zahlreiche wissenschaftliche Evaluationen belegen die Wirksamkeit des Weddinger Modells hinsichtlich beziehungsfördernder und zwangsvermeidender Strukturen im (akut-)psychiatrischen Stationsalltag.
In diesem Vortrag werden die theoretischen Grundlagen wie Recovery, Empowerment und Salutogenese vorgestellt und die Bedeutung des Modells der Umsetzung einer individualisierten, personenzentrierten Psychiatrie und seine Rolle in der Reduktion von Zwangsmaßnahmen erläutert.

René_Rain Hornstein

Dipl.-Psych. René_ Rain Hornstein forscht und lehrt zu Trans*verbündetenschaft, verinnerlichter Trans*unterdrückung, Trans Studies und diskriminierungskritischer Lehre. Hornstein setzt sich auch aktivistisch für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen ein, z.B. in Kontexten von Rechtshilfe oder an Hochschulen. Mehr unter: www.rhornstein.de

Datum:  28.01.2021
Uhrzeit: 18:00
TIN-klusive Lehre an der Hochschule 
– Wie kann der Ausschluss von trans*, inter* und nicht-binären (TIN) Menschen in der Lehre beendet werden? 
Ausgrenzung von trans*, inter* und nicht-binären (TIN) Menschen an Hochschulen findet auf verschiedenen Ebenen statt: baulich (Toiletten, Umkleiden etc.), in administrativen Abläufen und Regelungen, in der Lehre, der Forschung und im Hochschulsport. Hochschullehrkräfte können in der inhaltlichen und sozialen Gestaltung ihrer Veranstaltungen dieser Ausgrenzung etwas entgegensetzen. Zum Beispiel indem sie Diskriminierungskritik einladen und enttabuisieren, geschlechtlich inklusive Sprache nutzen, die Stimmen und Perspektiven von TIN-Menschen auf ihren Lehrgegenstand einbeziehen und TIN-abwertende Inhalte kritisch diskutieren. Diese und weitere Vorschläge macht Dipl.-Psych. René_ Rain Hornstein in diesem Vortrag.